Historische Schlappe der Union
Die aktuelle Stimmung in der Union: Eine interessante Mischung aus Ermattung und Erhitzung. Über die beispiellose Klatsche, die die Union im September 2021 erlitten hat, werden wir noch lange sprechen. Die Analysen, wie es dazu kommen konnte und was es jetzt braucht, driften in teilweise sehr interessante Sphären. Wie so oft, wenn man nicht mehr weiter weiß, ist es hilfreich, persönliche Präferenzen oder ein Übermaß an Emotionen hintenanzustellen. Dafür etwas mehr Pragmatismus, schonungslose Ehrlichkeit und vor allem: Zahlen, Daten, Fakten nüchtern analysieren und daraus die richtigen Schlüsse ziehen.
Kompetenzverlust als Ursache der Niederlage
Ich persönlich hatte kaum noch Fragen, als „Infratest“ am Wahlabend die Auswertung der Kompetenzzuschreibungen der Union präsentierte. Diese Zahlen sagten nicht alles, aber viel: Im bis zu geschmeidig zweistelligen Bereich wurden uns krachende Kompetenzverluste attestiert, dass einem Hören und Sehen vergehen müsste.
Der Markenkern der Union?
Kriminalitätsbekämpfung, Wirtschaft, Asyl- und Flüchtlingspolitik, Steuerpolitik, Altersversorgung – eine echte Abstrafung und gleichzeitig Offenlegung eines Kernproblems durch den Wähler. Nicht nur dem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass es sich hierbei um Bereiche handelt, die einmal Kernkompetenz der CDU gewesen sind. Die Attestierung solch signifikanter Kompetenzverluste zeigt glasklar, was jetzt angegangen werden muss, um sich wieder Respekt und Vertrauen erarbeiten zu können.
Belange der Bevölkerung im Blick
Antworten auf die wirklich drängenden Fragen unserer Zeit zu formulieren ist nicht nur wichtig für Land und Leute, nur so könnte die Partei auch ihrer eigenen fortschreitenden Profillosigkeit entgegenwirken. Dass die Menschen auch noch andere Probleme haben als Klima, Gleichstellung und Corona, sollte eigentlich klar sein. Eigentlich. Wer sich Volkspartei nennen möchte, muss die Belange des Volkes in Gänze abbilden und adressieren. Und hier überzeugende Lösungen liefern. Das ist in den letzten Jahren nicht gut genug gelungen. Andere gaben den Takt vor, man hat sich treiben lassen.
Auch unbequeme Themen in den Fokus nehmen
Wir können sowohl Zuspruch als auch Zusammenhalt in der Gesellschaft nur dann erreichen, wenn wir uns politisch auch um die Themen kümmern, die für den ganz persönlichen Alltag der Menschen von Bedeutung sind. Beispiel: Gendern. Dieses Thema nimmt in den Medien und in bestimmten politischen Zirkeln wesentlich mehr Raum ein, als im überwiegenden Teil der Bevölkerung, der ganz andere Sorgen hat. Und wenn wir ständig zurückzucken bei vermeintlich kritischen Themen wie Migration, Leistungsgerechtigkeit, Eigenverantwortung, Integration und Religion, verlieren die Bürger nicht nur Vertrauen, sondern irgendwann auch den Respekt vor einer Politik, der es nicht mehr gelingen kann, Fortschritt auf der einen als auch ein Gefühl von Stabilität und Sicherheit auf der anderen Seite zu vermitteln.
Gesellschaft braucht Orientierung und Halt
Aufgrund der zunehmenden Heterogenität und zunehmender Radikalisierung in Teilen der Gesellschaft ist eine klare politische Leitlinie, die Identifikation stiftet und Orientierung schafft, noch einmal wichtiger als eine Politik, die versucht, es alles und jedem rechtzumachen, alles abzudecken, und somit vornehmlich auch viel Zeit und Energie aufwendet, Randbelange in den Fokus zu nehmen.
Mut zur Zuspitzung
Wir können nur respektable Politik machen und uns als verlässliche Kraft beweisen, wenn wir bei anstrengenden, kontroversen Themen nicht ständig ängstlich sind. Zugegeben: Diese Angst kommt natürlich nicht von ungefähr. Schließlich leben wir in Zeiten, in denen man schneller in die Populismus-Ecke geschoben wird, als man gucken kann. Jeder, der einmal versucht hat, beispielsweise den stetig steigenden Migrationsdruck aufs Tablett zu heben und damit auch die berechtigte Frage, wie wir gedenken, hiermit künftig umgehen zu wollen, weiß, wovon ich spreche. Genau diese Sorge müssen wir überwinden und hinter uns lassen.
Mehr echte Debatte, weniger Effekthascherei
Dass die mediale Berichterstattung wenig ausgewogen ist, ist nicht neu. Aber das sollte uns nicht davon abhalten, nicht nur danach zu schielen, ob wir noch genügend Beifall in den Redaktionsstuben finden, sondern wie wir wieder die Zustimmung derjenigen bekommen, auf deren Votum es bei Wahlen entscheidend ankommt. Anstatt sich von negativen Kommentatoren, die alles andere, aber vermutlich niemals Union wählen würden, einschüchtern zu lassen, sollen wir lieber mutig sein und uns darauf verlassen, dass wir trotz allem bessere Lösungen liefern werden als die politische Konkurrenz. Ich weiß, dass uns das gelingen kann.
Kommentare