Uns geht es zu trotz multipler Krisen gut in Deutschland – wir wirken geradezu übersättigt. Wie anders ist die steigende Lethargie und fehlende Selbstständigkeit unserer Gesellschaft zu erklären? Wir befinden uns zunehmend in einem politischen Nanny-Staat, der von einem Teil der Deutschen dankend angenommen wird, schließlich kann man das eigenständige Denken so vermeiden.

Im Buch von Alexander Kissler bezeichnet dieser die Deutschen gar als infantil und sieht gar eine „Gesellschaft der Kindsköpfe“ gegeben. Dieses infantile Verhalten lässt sich auch an zwei Punkten exemplarisch sehr gut verdeutlichen.

Debattenkultur geht zusehends verloren

Zum einen in der Debattenkultur, die zusehends verloren geht. Statt seinem Gegenüber zuzuhören und sachlich zu argumentieren, sind wir von konträren Meinungen nur allzu gern persönlich beleidigt oder verweigern Diskussionen gleich vollends. Persönliche Befindlichkeiten und Gefühle übertrumpfen jegliche sachliche Argumente, kindliches Verhalten wie es im Buche steht.

Zum anderen verdrängt der Staat das Ideal des mündigen Bürgers, in dem er diesen an die Hand nimmt, um ihn zu schützen und anzuleiten für das tägliche Leben. So wie auch Kinder beschützt werden möchten. Dies mündet darin, dass politische Diskurse vom Gesetzgeber auch sprachlich für eine Gesellschaft von Kindern ausgelegt wird. So bekommen Gesetze wenig sachliche Namen wie das Gute-Kita-Gesetz oder das Starke-Familien-Gesetz. Gleichzeitig holt der Bundeskanzler Begrifflichkeiten wie „Wumms“ oder „Doppelwumms“ aus dem Textbaukasten.

Angst ist eine Gefahr für die Demokratie

Angst ist ein Urinstinkt der Menschheit und bis zu einem gewissen Grad auch wichtig für unser Überleben. Wie auch in anderen Bereichen des Lebens macht die Menge das Gift. Denn überängstliches Verhalten ist eine Gefahr für unsere Demokratie, die dafür sorgt, dass der Ruf nach Freiheit und Eigenverantwortung aus der Gesellschaft heraus langsam verhallt. Dabei sind doch gerade Freiheit und ein mündiger Bürger die Grundpfeiler unserer Demokratie.

Wir verlieren den Mut zur Eigenverantwortung

Die erwachsene Gesellschaft verlässt der Mut zur Eigenverantwortung und verliert damit die eigene Deutungshoheit als auch seinen freiheitlichen Machtanspruch gegenüber dem Staat. Bedarf es neuer Mutbürger? Die den Mut haben, ihre Meinung zu vertreten, trotz vielseitiger Versuche einer jeweiligen Meinungsblase, diese verstummen zu lassen. Die den Mut haben, in eine Diskussion einzutreten, in der sie möglicherweise auch anecken oder unterlegen sind. Die den Mut haben, Fehler zu riskieren. Man bekommt das Gefühl, dass die Deutschen aus Furcht etwas Falsches zu tun oder zu sagen, oft lieber gar nichts mehr tun.

Übersättigt von der eigenen Freiheit?

Wir scheinen so übersättigt von unserer Freiheit, dass wir unseren Elan und unseren Mut verloren haben. Wir haben ja schließlich alles, was wir brauche. Oder doch nicht? Was stört es da schon, wenn die Politik hier und da unser Leben noch etwas einschränkt. Zumeist nehmen wir die neuen Verbote und Regulierungen ja dankend an. Denn der Staat kümmert sich ja fürsorglich und nimmt einem die Denkarbeit ab.

Es gilt unbequeme Dinge anzusprechen

Schlussendlich ist die Infantilität gefährlich für unsere Mündigkeit und Eigenverantwortung, die die Generationen vor uns hart erarbeitet haben. Wir konzentrieren uns auf Gefühlsduseleien und persönliche Befindlichkeiten, statt auf Sachlichkeit – in Gesellschaft und Politik. Hauptsache es ist bequem und niemand fühlt sich angegriffen. Dabei gilt es, auch einmal unbequeme Dinge zu tun oder auszusprechen, denn anders bleiben wir nicht nur stehen, sondern entwickeln uns sogar zurück.

Wir müssen die freiheitliche Gesellschaft schützen

Es braucht wieder dringend mehr mündig-willige Menschen, die auch einmal unbequemes Aussprechen, auch wenn sie damit rechnen müssen, weiterhin direkt gecancelt zu werden. Denn Freiheit ist ein Risiko, das man eingehen muss. Unser höchstes Gut gilt es somit mehr denn je zu schützen: Die freiheitliche Pluralität unserer demokratischen Gesellschaft.