BASF, Biontech, Linde – diese drei respektablen Unternehmen befinden sich in guter Gesellschaft. Inzwischen gibt jedes fünfte Unternehmen an, seine energieintensiven Geschäftsfelder in Deutschland aufgeben zu wollen. Biontech wird beispielsweise den Standort für seine Krebsforschung nach Großbritannien verlegen.

Deutschland vertreibt seine Industrie

Überbordende Bürokratie und mangelhafte wirtschaftliche Rahmenbedingungen haben einen beachtlichen Teil des Pharmariesens aus dem Land getrieben. BASF hat bereits letzten Herbst angekündigt, sich auf China konzentrieren zu wollen. Und das wertvollste Unternehmen in Deutschland, der Traditionskonzern Linde, wird die Deutsche Börse sehr bald verlassen.

Man kann guten Gewissens behaupten: In jedem anderen Industrieland hätte es einen Aufschrei gegeben, wenn eines der bedeutendsten Unternehmen ein Delisting beantragt hätte. In Deutschland hingegen fristet diese Debatte ein Dasein auf dem Abstellgleis.

Wir haben uns an die Abwanderung von Unternehmen gewöhnt

Dass der Weggang eines solchen Schwergewichtes aufgrund inländischer Regularien nicht ausführlich diskutiert und entsprechende politische Konsequenzen gezogen worden sind, ist mindestens so problematisch wie der Rückzug selbst. Der traditionsreiche Konzern wird dem Index noch wenige Wochen angehören. Vielleicht findet er Beachtung, wenn die Aktiennotierung an der Frankfurter Börse Anfang März tatsächlich beendet ist. Ich glaube allerdings nicht, dass dies der Fall sein wird.

Denn unabhängig davon, dass die wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands im medialen und gesellschaftlichen Diskurs einfach nicht die Rolle spielt, die sie spielen müsste, sind wir inzwischen einfach daran gewöhnt, dass Unternehmen ausscheiden, abwandern, dicht machen. Nachrichten wie diese berühren die Menschen kaum noch. Viel zu oft haben sie inzwischen von Unternehmen gehört, denen hohe Energie- und Lohnkosten das Genick gebrochen haben.

Unternehmen müssen sich fragen ob sie schrumpfen oder abwandern wollen

Wir sind so weit, dass Unternehmen sich überlegen müssen, ob sie schrumpfen oder abwandern wollen. Bei allem gebotenen Respekt, und all dem, was gerade in der Welt passiert: So geht das nicht weiter. Das deutsche Belastungsbeben muss ein Ende haben. Sonst werden wir in der internationalen Wirtschaft schon sehr bald keine Rolle mehr spielen.

Für heute haben wir unseren Platz gefunden. Er ist ganz unten. Auf Platz 18 von 21, wie die neue Ausgabe des „Länderindex Familienunternehmen“ der Bundesrepublik im Vergleich mit 20 anderen führenden Wirtschaftsnationen frisch bescheinigt hat. Damit hat Deutschland nach einer Studie des ZEW Mannheim im Wettbewerb weiter an Wettbewerbsfähigkeit verloren.

Die Deindustrialisierung Deutschlands ist in vollem Gang

Richtig ist, dass die Deindustrialisierung Deutschlands schon vor Jahren begonnen hat. Richtig ist aber auch, dass das erste Ampeljahr besonders für den Mittelstand herzlich wenig Erleichterungen oder Unterstützungen parat gehabt hat. Im Gegenteil. Laut des Normenkontrollrates hat sich die Bürokratisierung im ersten Ampeljahr nochmal in beachtliche Höhen hochgeschraubt. Bürokratie kostet Unternehmen in Deutschland inzwischen so viel wie Forschung und Entwicklung. Kaum Jemand weiß das.

Unkontrollierte Zuwanderung ist keine Lösung

Der strukturellen Schwächung unseres Wirtschaftsstandortes muss ein Ende gesetzt werden. Das bedeutet auch, den Fach- und Arbeitskräftemangel endlich anzugehen. Nein, unkontrollierte Zuwanderung wird uns hier nicht weiterhelfen. Es gibt tatsächlich noch Stimmen, die das Gegenteil behaupten. Von denen konnte mir aber noch kein einziger erklären, warum der Fachkräftemangel nicht besser, sondern schlimmer geworden ist – obwohl Deutschland seit 2015 um Millionen Menschen gewachsen ist.

Seit Jahren verzeichnen wir höchstens Einwanderung ins deutsche Sozialsystem und den Niedriglohnsektor, aber Einwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt? Ernstgemeinte Frage: Wer soll denn da auch kommen? Wer möchte denn, wenn er die Wahl hat, freiwillig ausgerechnet in das Land mit der höchste Steuern- und Abgabenlast einwandern, um zu arbeiten?

Keine weiteren Steuern durch die Hintertür

Nicht nur aus diesem Grund muss gelten: Keine weiteren Steuern durch die Hintertür. Wenn der Staat endlich Stromsteuer, Co2-Steuer und Mehrwertsteuer auf das zulässige europäische Mindestmaß reduzieren würde, wäre im Übrigen auch den Bürgern dieses Landes deutlich mehr geholfen, als mit den Umverteilungsphantasien, die aus der rot-grünen Ecke propagiert werden.

Darüber hinaus gilt es, energiepolitisch den Kurs des pragmatisch Normaldenkenden einschlagen. Wir dürfen nicht müde werden, in aller Deutlichkeit auf die größten energiepolitischen Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte hinzuweisen: Den gleichzeitigen Ausstieg aus Kernkraft und Kohle. Ohne Sinn und Verstand – und vor allem ohne Alternative.

Klimaziele erreichen und Wohlstand sichern

Die Energiepolitik der Ampel lief bekanntermaßen nach dem Motto: Als sie ihren Irrtum erkannten, verdoppelten sie ihr Tempo. Doch die entscheidende Frage darf sich nicht darum drehen, wie wir selbstgesteckte Klimaziele erreichen. Vielmehr geht es um die Frage, wie wir unsere Klimaziele erreichen und unseren Wohlstand sichern können. Wer diese beiden Bereiche nicht zusammendenkt, hat das Prinzip der Nachhaltigkeit nicht verstanden.

Inzwischen bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob wir das überhaupt verstehen wollen. Jedenfalls lässt sich nicht erklären, wie sich in Deutschland seit Wochen ein Titel in den Bestsellerlisten hält, der Postwachstum glorifiziert. Währenddessen läuft Deutschland Gefahr, seinen Wohlstand zu verspielen. Das Land vorkommt dann zum globalen Industriemuseum.