Ich musste schmunzeln, als der grüne Balken am Wahlabend bei rund 15 Prozent stagnierte. Noch wenige Wochen vorher ernannten die Bündnisgrünen ihre Annalena zur ersten grünen Kanzlerkandidatin. Nach ein paar Geschichten über Plagiate, einen gefälschtem Lebenslauf und unzähligen Versprechern war den Bürgern nicht nur klar, dass Baerbock aus dem Völkerrecht und nicht aus dem Urheberrecht kommt, sondern dass diese Frau vor allem gänzlich ungeeignet für das Kanzleramt ist. Heute wissen wir: Das grüne Kanzler-Experiment ist historisch gescheitert – und das ist gut so!

Wir sind nicht „funk“!

Noch viel tiefer allerdings dürfte am Wahlabend der Schock gewesen sein als sich herausstellte, wie die Jungwähler abgestimmt haben. FDP und Grüne liegen gleich auf bei den Wählern unter 25. Innerhalb weniger Sekunden ist das Narrativ der links-grünen Jugend in sich zusammengebrochen. Plötzlich war die Jugend freiheitsliebend, marktwirtschaftlich und eigenständig. Und ich? Ich musste schon wieder schmunzeln. Gerne hätte ich das Gesicht von Luisa Neubauer und ihren FFF-Anhängern gesehen. „Fridays for Future“ hat in den vergangenen Jahren ja wirklich alles versucht, meine Generation als homogen links darzustellen: Da war die Rede von der Klimawahl, und dass man „uns“ die Zukunft raube. Linke YouTuber und Influencer wie Rezo und Louisa Dellert wurden der Öffentlichkeit als generische Stimmen der Jugend verkauft. Auch wenn Louisa Dellert nun wirklich nicht mehr jugendlich ist.

Die linke Medienlandschaft rund um die Öffentlich-Rechtlichen haben mit aller Kraft versucht, ihre Wunschvorstellung einer links-grünen Jugend aufzubauen – der Generation FFF. Doch jetzt hat sich herausgestellt: Wir sind nicht „funk“! Die Jugendmarke von ARD und ZDF vermittelt den Anschein, alle jungen Deutschen seien „woke“ und grün. Nein, das sind wir nicht. Viele Jungwähler halten von Verboten, Bevormundung und Staatsgläubigkeit offenbar reichlich wenig.

Unwissentlich konservativ

Dass die mediale Darstellung der Jugend mit der Realität nichts zu tun hat, brauche ich niemandem zu erklären. Dass ein relativ großer Teil meiner Generation bürgerlich wählt, kommt für mich wenig überraschend. Die jährlich erscheinende „Shell Jugendstudie“ zeigt, wie junge Menschen ticken und welche Ansichten sie vertreten. Laut der Studie aus dem Jahr 2019 finden jeweils mehr als 80 Prozent der jungen Menschen Eigenverantwortlichkeit, Unabhängigkeit, das Respektieren von Gesetzen und Ordnung sowie Fleiß und Ehrgeiz wichtig. Die Zahlen sprechen für sich. Bürgerliche, wenn nicht sogar klassisch konservative Werte, prägen die Lebenseinstellung der Jugend. Die jungen Deutschen sind konservativ, sie wissen es nur noch nicht.

Liberale überzeugen mich nicht zu 100 Prozent

Das starke Abschneiden der FDP und das schwache Ergebnis der Union bei den unter 25-Jährigen hat viele Gründe. Wenn die FDP bei den Jungwählern gut abschneidet, stört mich das zunächst nicht. Trotzdem muss ich gestehen, dass „liberal“ für meinen Geschmack dann doch zu wenig konservativ ist. Die Freien Demokraten haben – trotz aller Sympathien, die ich für sie hege – einen schwierigen Bezug zum Patriotismus und sehen Deutschland ausschließlich als Wirtschafts- und nicht als Kulturnation. Brauchtum, Tradition und Glaube spielen bei der FDP keine Rolle. Gendern, fehlender Realismus in Sicherheitsfragen, eine lasche Migrationspolitik und absurde Diskussionen über Inzest, machen es mir schwer mich mit der Partei zu 100 Prozent zu identifizieren, obwohl ich ihr in beispielsweise in Steuer-, Digital- und Klimafragen weitestgehend zustimme.


Freilich können die Ergebnisse der Bundestagswahl nicht zufriedenstellen. Der „Linksrutsch light“ darf nicht schöngeredet werden. Auch eine Ampel ist eine Regierung zweier linker Parteien, aber mit liberaler Schadensbegrenzung. Dennoch scheint das Ergebnis bei den Jungwählern ein Lichtblick zu sein. Die Jugend ist noch nicht komplett verloren – konservativ wählt sie aber auch noch nicht. Es gibt viel zu tun.